„Kinder haben in Schleswig-Holstein die höchste Priorität: KiTas als letztes zu und als erstes auf“ - so versprach es Ministerpräsident Daniel Günther zuletzt immer wieder
- Wechsel in den Notbetrieb bleibt die einzige Antwort der Landesregierung auf die Pandemie
- die Bedarfe der Familien und die Auswirkungen der Maßnahmen auf diese bleiben bei Entscheidungen völlig außen vor
- KiTas schließen, obwohl das Infektionsgeschehen woanders stattfindet – diese Achterbahnfahrt ist Kindern und Familien nicht länger zumutbar
- gemäß Koalitionsvertrag soll Schleswig-Holstein kinderfreundlichstes Land werden - davon sind wir im Bundesvergleich immer noch ziemlich weit entfernt
Alle Eltern schauen je nach Wohnort mal mehr mal weniger besorgt, zum großen Teil auch schon perspektivlos, auf die täglichen Inzidenzzahlen.
In einigen Kreisen in Schleswig-Holstein haben Kinder mittlerweile seit über 4,5 Monaten keine frühkindliche Bildungseinrichtung besuchen dürfen. Viele Kinder erleben eine wöchentliche Achterbahnfahrt zwischen KiTa-Besuch und erneuter Rückkehr zum eingeschränkten Regelbetrieb oder Notbetreuung inkl. Betreuung durch die Eltern zu Hause. Zusätzlich gibt es Kinder, welche im zurückliegenden Jahr lediglich 3 Monate lang die KiTa besuchen konnten, auch in den nächsten Wochen werden einige Kreise nach derzeitiger Regelung nicht mehr in den Regelbetrieb übergehen können.
Die physischen und psychischen Folgen für Kinder und Familien wurden in den vergangenen Wochen und Monaten von vielen Verbänden, Institutionen und Wissenschaftlern dargestellt und dennoch gibt es in Schleswig-Holstein keinerlei Veränderung im Krisenmanagement. Die Bedürfnisse der Kinder und die Folgen von KiTa-Schließungen für Kinder und Eltern werden als Kollateralschaden hingenommen, die Kinderrechte werden seit März 2020 zum Teil komplett außer Acht gelassen. Hier ist besonders das Recht auf Bildung und Teilhabe und das Recht auf körperliche und geistige Gesundheit zu nennen.
Folgende beispielhafte Fragen sind auch nach 13 Monaten Leben in der Pandemie immer noch ungenügend beantwortet, wenn nicht sogar verschlafen worden:
Infektionsfälle in den KiTas:
Wie viele Infektionsfälle wurden gemeldet?
Wie oft konnte ein „Ausbruchsgeschehen“ innerhalb der KiTa nachgewiesen werden?
Warum werden hier keine geeigneten lokalen Maßnahmen in ausreichendem Umfang initiiert?
Wieviel Prozent der Kita-Mitarbeiter*innen und Kindertagespflegepersonen sind in Schleswig-Holstein bereits geimpft?
Wird die zunehmende Impfquote bei den Mitarbeiter*innen in den Kindertages-einrichtungen und in der Kindertagespflege bei den politischen Entscheidungen überhaupt mit berücksichtigt?
Auf welcher Grundlage werden hier Entscheidungen getroffen, die eine ganze Generation aufs Abstellgleis schieben?
Wurden alle Aspekte wie Kinderschutz und Kindeswohl, Bildungschancen und soziale Teilhabe bei den Überlegungen mitbedacht?
Nach den Entbehrungen der letzten Monate müssen die Wünsche und Bedürfnisse von Kindern wieder in den Vordergrund rücken!
Welche Perspektiven, Konzepte und Post-Covid-Strategien soll es für die frühkindlichen Bildungseinrichtungen geben?
Unseren Kindern muss ihr Grundrecht auf Teilhabe gewährt werden. Anhaltende Schließungen der frühkindlichen Bildungsrichtungen bis zur Verfügbarkeit eines Impfstoffes für Kinder dürfen nicht die Lösung unserer Regierung sein.
Post-Covid-Strategien und Konzepte, für eine umfassende Förderung von allen Kindern, müssen vorgelegt werden. Wir wünschen uns Modellprojekte für die Förderung und Bildung der Kinder, dazu zählt u. a. die Öffnung von Schwimmbädern und Sportstätten für Kinder sowie die Förderung von ehrenamtlichen Tätigkeiten in der Kinder- und Jugendarbeit.
Maßnahmen zum Infektionsschutz sollten immer angemessen, gerecht und verhältnismäßig sein. Wieso werden Familien mit Kindern, die sich monatelang solidarisch verhalten haben, jetzt bei den Lockerungen vergessen?
Es erklärt sich nicht, warum frühkindliche Bildungseinrichtungen z. B. in einer kreisfreien Stadt in die Notbetreuung wechseln, wenn unter etwa 11.000 betreuten Kindern und geschätzten 2.500 Fachkräften in den vergangenen 6 Monaten lediglich 89 erfasste Infektionen, in den vergangenen vier Wochen insgesamt 13 Fälle in 9 Bildungseinrichtungen, gemeldet wurden.
Wie kann hier mit Verhältnismäßigkeit argumentiert werden, wenn ca. 75 Prozent der Kinder erneut von der Bildung und Betreuung ausgeschlossen werden?
Während die Kinder und Eltern weiterhin auf ihre Grundrechte verzichten, wird darüber diskutiert, den Geimpften und Genesenen das Leben zu normalisieren. Solidarität ist keine Einbahnstraße.
Es ist inakzeptabel, dass im Rahmen des KiTa-Perspektivplanes immer dieselben Kinder ausgegrenzt und ihnen ihre Rechte auf frühkindliche Bildung und ein gesundes Aufwachsen verwehrt werden. Genau diese Kinder sind es, die gemäß Stufe 3 des Perspektivplanes als letztes wieder in die Einrichtung dürfen, und auch die ersten, die wieder zu Hause bleiben müssen.
Der Anspruch auf frühkindliche Bildung muss sich an den Bedarfen der Kinder und Familien orientieren. Kinder werden in der Wahrnehmung ihrer Rechte nach der Notwendigkeit der Arbeitskraft ihrer Eltern eingestuft. Insbesondere die Kinder von Alleinerziehenden und sozial schwachen Familien oder mit einem kleinen, zu Hause betreuten, Geschwisterkind sind durch dieses System doppelt benachteiligt.
Alle Kinder müssen in unserer Gesellschaft den gleichen Stellenwert haben!
Die Eltern sind am Ende ihrer Kräfte bzw. schon weit darüber hinaus. Die Kinder und ihre Familien haben sich bis jetzt sehr solidarisch gezeigt und die Kinder verzichten seit über einem Jahr auf einen wesentlichen Bestandteil ihrer Kindheit. Dazu zählen neben dem täglichen und verlässlichen Besuch der Bildungseinrichtungen auch Freizeitangebote wie Tierparks, Sportangebote im Verein und das unbeschwerte Spielen mit Gleichaltrigen.
Wir als Gesamtgesellschaft müssen alles unternehmen, dass wir Kindern und Familien weniger Verzicht und nicht noch mehr Bürden aufladen.
Bildungsangebote müssen für alle Kinder offen und zugänglich sein - so sicher wie möglich!
Wir fordern daher erneut:
- Berücksichtigung der Kinderrechte und der Auswirkungen von KiTa-Schließungen auf Kinder und Eltern bei allen Entscheidungen
- transparente Darlegung und ausreichende Begründung von KiTa-Schließungen auf lokaler Ebene
- umfassende Testkonzepte für alle Beteiligten, z. B. tägliche Testmöglichkeiten für Fachkräfte und Eltern sowie geeignete freiwillige Testmethoden für Kinder
- Lüftungsanlagen und Einsatz von Luftfiltern
- Bereitstellung von ausreichend Schutzmaßnahmen für alle Fachkräfte
- spezielle Schutzkonzepte für Kinder und KiTa-Mitarbeiter*innen mit besonderem Risiko
- garantierte komplette Aussetzung der Elternbeiträge (inkl. Verpflegungskosten) bei Nichtinanspruchnahme der Betreuung
- Ausgleich von Einkommensverlusten für alle Eltern, die ihr Kind nicht betreuen lassen können oder wollen
Kindheit passiert jetzt und kann nicht nachgeholt werden!
Kinderfreundlichstes Bundesland geht anders!
Offene KiTas – aber sicher!
Gezeichnet
Yvonne Leidner und Axel Briege für die Landeselternvertretung Schleswig-Holstein
Kreiselternvertretung Dithmarschen
Kreiselternvertretung Flensburg
Kreiselternvertretung Herzogtum Lauenburg
Kreiselternvertretung Kiel
Kreiselternvertretung Lübeck
Kreiselternvertretung Neumünster
Kreiselternvertretung Nordfriesland
Kreiselternvertretung Ostholstein
Kreiselternvertretung Pinneberg
Kreiselternvertretung Plön
Kreiselternvertretung Rendsburg-Eckernförde
Kreiselternvertretung Schleswig-Flensburg
Kreiselternvertretung Segeberg
Kreiselternvertretung Steinburg
Kreiselternvertretung Stormarn